Dienstag, 28. Mai 2013

Russischer "Warmer" Krieg in Syrien

Es ist weder ein Kalter Krieg wie es ihn die Welt über dreissig Jahre lang erlebt hat, noch ist es ein "heisser" Krieg zwischen zwei Grossmächten der in, oder für Syrien entbrannt ist.
Es ist aber definitiv eine strategische Entscheidung die der russische Präsident Vladimir Putin und sein Generalstab in Moskau gefällt haben. Eine Entscheidung, die das geopolitische Gleichgewicht einer höchst gefährlichen Region wieder in eine gewisse Balance zurück bringen wird. Die Rede ist von der Entscheidung Moskaus, Teile der Pazifik Flotte im Mittelmeer zu stationieren, um "für Stabilität im Mittelmeerraum" zu sorgen. Es soll eine permanente Flotte von 5-6 Kriegsschiffen sowie U-Boote im Mittelmeer betrieben werden, mit Hauptstützpunkt im syrischen Tartus.

Das klingt zunächst nicht nach viel, ist aber bei genauerer Betrachtung doch ein klares Signal an sämtliche involvierte Staaten welche es sich zum Ziel gemacht haben, Syrien komplett zu destabilisieren und Präsident Assad zu stürzen.

Nachdem die NATO bereits 6 PATRIOT-Batterien in der Türkei stationiert hat (jeweils zwei aus den USA, Deutschland und den Niederlanden), die Türkei selbst grosse Mengen an schwerem Kriegsgerät und Truppenkontingente an die Grenze zu Syrien verlegt hat, hat der Westen erheblich dazu beigetragen dass sich die Situation in und um Syrien weiter verschärft hat. Noch sind die Bilder des NATO-Krieges gegen Libyen und die Jagd nach dem langjährigen Diktator Qadhafi nicht vergessen, das Schicksal des Landes noch immer Ungewiss. Die Welt wurde Zeuge, wie schnell ein Krieg aufgrund von falschen Meldungen gestartet wird und wie machtlos (oder aus Desinteresse) jene sind, die etwas Verantwortungsvoller mit der Entscheidung umgehen wollten, bevor ein Land mit solcher Zerstörungswut zerbombt wird, das sogar die Bomben ausgegangen sind. 
Und doch braute sich genau das gleiche Szenario in Syrien wieder zusammen. Die Schlinge um Syrien zieht sich immer mehr zu. Nicht nur dass die USA über ihren Auslandsgeheimdienst CIA hunderte von Tonnen an Waffen via deren Protektorate Saudi Arabien und Qatar zuerst in die Türkei geliefert haben, und von dort diese Waffen weiter an die verschiedenen Rebellen in Syrien verteilt wurden und damit massgeblich für die Bodengewinne und das einhergehende Blutvergiessen verantwortlich sind. Jordanien möchte nun auch dem Beispiel Ankaras folgen und PATRIOT-Raketen stationiert haben, um die "Verteidigung des Landes zu verbessern" wie es aus offizieller jordanischer Verlautbarung heisst, nebst den amerikanischen Spezialkräften die bereits vor Ort sind und deren Zahl auf 20`000 erhöht werden könnte.   
Nicht unerheblich in dieser Gleichung ist die Rolle Israels, wie es die ungestraften Luftangriffe auf Syrien (hier und hier) gezeigt haben.

Für den russischen Stolz der unter Vladimir Putin enorm gewachsen ist und nicht wenige Russen (wieder) eine aktivere Rolle in der Weltpolitik suchen, kommt der amerikanische Expansionismus seit dem Ende des Kalten Krieges einer Katastrophe gleich. Mit Unglauben verfolgten sie die Entwicklung insbesondere seit 2001 und mussten feststellen, dass der Verlust des militärischen Gleichgewichtes welches den Kalten Krieg prägte, den Weg frei machte für die Durchsetzung der amerikanischen und europäischen Interessen auf Kosten der russischen. US-Raketenschutzschilde vor der Haustüre in Osteuropa und brutale Kriege nicht weit vom russischen Staatsgebiet entfernt, haben dazu beigetragen das der Wunsch nach einer gewissen Balance wieder hergestellt wird. In Afghanistan wurde zunächst ein gemeinsamer Störenfried in Zentralasien (die Taliban) von den USA vertrieben, doch die Politik Washington`s ermöglichte deren Rückkehr zur Macht und Stärke. Noch bevor das Problem in Afghanistan richtig gelöst war, marschierten die USA in den Irak ein und zerstörten das letzte bisschen Struktur welches zuvor noch im Land vorhanden war. Auch hier endete die US-Intervention in einem Debakel und führte zu noch grösserer Instabilität in der Region. Dann kam Libyen wo Moskau zwar der UN-Resolution zustimmte eine Flugverbotzone zu errichten, doch diese Resolution wurde dazu benutzt um die Rebellen aktiv mit Informationen über Stellungen der libyschen Armee zu versorgen, und endete schliesslich mit einer koordinierten Blutjagd auf den libyschen Diktator. Das alles soll nun in Syrien verhindert werden, mit Blick aber auch auf den Iran. Denn Moskau weiss ganz genau, sollte Syriens Machtstruktur zerstört werden folgt nicht nur ein politisches Vakuum (und sehr wahrscheinlich von islamistischen Extremisten gefüllt werden würde) welches für niemanden in der Region interessant sein kann, sondern dass dann der Iran als nächstes Land ins Visier gerät. Und DAS ist für Russland eine absolute "Rote Linie". Nicht etwa weil der Iran für Russland so wichtig wäre, sondern weil ein Krieg direkt an der Grenze zu Russland höchst negative Folgen für das Land selbst haben wird. Daher gilt es für Moskau, in Syrien die Kosten für eine "humanitäre Intervention" dramatisch zu erhöhen um Politiker und Militärs in Washington, London und Paris davon zu überzeugen, dass Syrien keine Wiederholung von Libyen sein wird. Es soll aber auch die Kosten für Israel erhöhen, welche bis heute eine totale Luftüberlegenheit im Libanon "geniesst" und täglich die Lufthoheit des nördlichen Nachbarn mehrfach verletzt. Auch die Angriffe der Israel Air Force wurden jedesmal über Libanon geflogen, welches nicht über die Mittel verfügt den eigenen Luftraum zu verteidigen. Kein Wunder also, wenn man in deutschen Medien auf Nachrichten trifft wie "Israel musste Syrien angreifen" oder "USA warnen Russland vor Rüstungsdeal", weil sich US-Aussenminister John Kerry Sorgen um russische Raketen macht, da diese "potentiell destabilisierend für Israel" wären. Das aber der eigene Senat erst letzte Woche eine Resolution auf den Weg brachte, welche die amerikanische Regierung dazu befähigen würde offizielle Waffenlieferungen an die Rebellen zu senden, das vergass Kerry zu erwähnen.

 Aus diesem Grund liefert Russland moderne Waffen an die Assad-Regierung in Syrien um die Möglichkeit zur Selbstverteidigung gegen die High-Tech Bomben und Raketen aus den USA zu erhöhen. Es sind Raketen wie die Luftabwehrsysteme wie die SA-17 oder die Yakhont welche gegen Kriegsschiffe eingesetzt werden. Doch am meisten fürchten die Planer in Washington und Tel Aviv die S-300 Boden-Luft Rakete, welche zu den besten Systemen in dieser Kategorie weltweit gilt. Deshalb wirbelten die Medien und Generalstäbe der USA und Israels solchen Staub auf, weil damit die Luftüberlegenheit und absolute Dominanz gebrochen wäre. Nachdem die jüngsten EU-Verhandlungen über die Waffenlieferungen an Rebellen in Syrien gescheitert sind, bezeichnete der Stellvertretende russische Aussenminister Sergei Riabkov die S-300 als "stabilisierenden Faktor um einige Hitzköpfe vor dem Eintritt in den Konflikt abzubringen".









































Während also die USA, Grossbritannien und Frankreich offiziell die "Rebellen" ausrüsten wollen, nebst Saudi Arabien und Qatar, versuchen sie dennoch nocheinmal die diplomatische Karte mit den "Genf 2" Gesprächen im Juni ausspielen zu wollen. Allerdings scheinen die USA auch diesesmal nicht wirklich an einer Lösung interessiert zu sein (wie bereits letztes Jahr mit den Genf 1 Gesprächen), denn um tatsächlich etwas in Syrien bewirken zu können, müssten alle involvierten Parteien an einem Tisch sitzen. Saudi Arabien, Frankreich und die USA wehren sich aber dagegen dass Iran an diesen Verhandlungen teilnimmt. Deshalb führt Teheran ebenfall eigene Gespräche mit Syrern und ausländischen Parteien, nach eigenen Angaben "als Zusatz zu den Genf 2 Gesprächen". Ein Waffenstillstand kann aber nur durchgesetzt werden, wenn sämtliche Parteien zusammen zu einem Konsens kommen. Unterdessen scheint Saudi Arabien die Doppelrolle mit Qatar abschütteln zu wollen, und schürt den Konflikt zusätzlich weiter an. Im türkischen Istanbul traf sich eine saudische Delegation mit Vertretern der Freien Syrischen Armee zum gleichen Zeitpunkt, während in Jordanien das Vorgehen für die Teilnahme der syrischen Opposition für Genf besprochen wurde, um eine grössere saudische Rolle für Waffenlieferungen zu besprechen. 

Fasst man die Entwicklung in Syrien zusammen, ergibt sich ein düsteres Bild für die Menschen. Ein Grossteil der Syrer steht nämlich hinter Präsident Assad und seinem Kampf gegen die wahhabitischen Extremisten, wie selbst die ehemalige US-Diplomatin, Karen Koning Abu Zayd,  und aktuelle Angehörige einer UN-Untersuchungskommission für Menschenrechtsverletzungen in Syrien zugeben musste: "... es gibt eine grosse Anzahl der Bevölkerung, vielleicht ungefähr die Hälfte, wenn nicht mehr, welche hinter ihm (Präsident Assad) stehen." Doch reiche und mächtige Länder wie die USA, Grossbritannien, Frankreich, Türkei, Saudi Arabien, Qatar und die Vereinigte Arabische Emirate sind darauf versessen, Assad zu stürzen und ihre eigene Interessen in Syrien und der weiteren Region durchzusetzen. Von den hunderten von Jihadisten aus verschiedensten Ländern der Welt (ja auch aus Europa!) ganz zu schweigen. Die Syrer selbst werden dabei nicht gefragt und doch sind sie es, die ihr Blut für diese fremden Mächte opfern müssen. Diesen Ländern steht effektiv nur Iran und Russland gegenüber, sowie die Hezballah aktuell im Kampf um die Stadt Qusair. 
Es herrschte bis jetzt ein Ungleichgewicht in der Machtbalance, welche sich aber tatsächlich durch die russische Positionierung herstellen könnte. Bevor das nicht geschieht, werden die verschiedenen Parteien nicht wirklich an einer Lösung zum Stop des Blutvergiessens interessiert sein, sondern unbeirrt an den eigenen Plänen festhalten.

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