Donnerstag, 22. August 2013

Giftgasangriff in Syrien

Es ist wohl unbestritten klar dass am Mittwoch das erste Mal in dem seit über zwei Jahren dauernden Krieg in Syrien ein massiver Giftgasangriff gegen die unschuldige Zivilbevölkerung stattgefunden hat. Die ersten die davon berichtet haben, war die Organisation "Syriens Observation für Menschenrechte" in Coventry/Grossbritannien.
Obwohl die Tatsache des Giftgasangriffs sich als wahr herausstellte, ging die Organisation umgehend einen Schritt weiter und beschuldigte ohne konkrete Beweise zu liefern, die syrische Regierung für diesen brutalen und Menschenerachtenden Angriff. Diese Information wurde dann umgehend von den internationalen Medien übernommen und als Tatsache in den Headlines dargestellt. Die US-Regierung ging gestern Abend sogar noch einen Schritt weiter und erliess folgende Erklärung: "Es gibt starke Hinweise darauf, dass es einen Angriff mit Chemiewaffen gab - ganz klar durch die (syrische) Regierung. Aber wir müssen zuerst unser Due Diligence (sorgfältige Überprüfung und Analyse) durchführen und alle Fakten erhalten, und dann entscheiden welche Schritte getätigt werden müssen."

Viele Medien haben genau diese Erklärung abgedruckt, aber niemand hat sich offenbar die Mühe gemacht diese Worte etwas genauer zu betrachten. Was hier gesagt wurde ist folgendes: Es deutet darauf hin dass es einen Angriff mit Chemiewaffen gab, aber wir haben keine Ahnung wer das war. Trotzdem beschuldigen wir die syrische Regierung, noch bevor wir alle Fakten haben.

Natürlich kann man ohne jegliche Beweise nicht ausschliessen dass es tatsächlich syrische Truppen waren die diese grausame Raketenangriffe mit Chemiewaffen durchgeführt haben. Sollte sich tatsächlich herausstellen dass die syrische Armee hinter diesen Angriffen steckt, wird sie mit den Konsequenzen leben müssen die zweifelsohne folgen werden.
Betrachtet man aber die Umstände und den Zeitpunkt dieses feigen Angriffs, deuten die Zeichen viel mehr in Richtung von wahhabitischen takfiris, also Muslime die aufgrund von religiösen Vorstellungen andere Muslime umbringen, eine Praktik die im Islam prinzipiell als verboten gilt.

1. Das Ziel
Obwohl es Vororte von Damaskus waren die unter der Kontrolle von "Rebellen" stehen, waren die Raketenziele nicht etwa Militärstellungen der Rebellen, was dann tatsächlich eher für das syrische Militär als Urheber der Raketenangriffe gesprochen hätte. Das Ziel aber war die Zivilbevölkerung und ein möglichst hoher Anteil an Opfern. Wie selbst das Wall Street Journal festhielt, gab es bei den gezeigten Opfern keine Anzeichen (keine sichtbaren Wunden) eines gezielten Militärschlages der Zerstörung mit sich bringt.

2. Der Zeitpunkt
Erst vor 3 Tagen sind UN-Ermittler in Damaskus eingetroffen um die älteren Vorwürfe von Chemiewaffen Einsätze zu überprüfen. Warum sollte Präsident Assad ausgerechnet jetzt solch einen Angriff befehlen, wo sich doch UN-Ermittler in unmittelbarer Nähe der tragischen Geschehnisse vom Mittwoch befinden? Natürlich ist ihre Bewegungsfreiheit stark eingeengt, doch ein so massiver Einsatz von Giftgas unweit der Unterkunft der UN-Ermittler lässt sich weder vertuschen, noch sonstwie verdrängen.
Ausserdem befindet sich die syrische Armee in grossen Teilen des Landes auf dem Vormarsch und erobert Gebiete zurück, die zuvor von den "Rebellen" gehalten wurden. Auch die Bevölkerung Syriens steht in der Mehrheit hinter Präsident Assad (siehe Bericht) und verabscheut die immer grösser werdende Flut von ausländischen Jihadisten die in ihr Land strömt. Der scheidende stellvertretende Direktor der CIA, George Morell, sagte gar dass mehr Jihadisten jeden Monat nach Syrien kommen um mit Al Qaeda Ablegern gegen die syrische Regierung zu kämpfen, als im Irak Krieg zur schlimmsten Zeit. Morell sagte sogar, dass wenn Assad gestürzt werden sollte und das Land dadurch unter die Kontrolle dieser Al Qaeda Ableger gerät, es die grösste Gefahr für die Nationale Sicherheit der USA darstellen würde.
Warum also sollte Assad so einen Angriff ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wagen, wo doch die Zeit und die Erfolge seines Militärs eher für ihn sprechen? Das macht aus strategischer Sicht überhaupt keinen Sinn. Er weiss ganz genau dass ein solcher Angriff die Weltgemeinschaft zum Handeln zwingen und insbesondere jenen Staaten in die Hände spielen würde, die nur darauf warten endlich militärisch gegen ihn losschlagen zu können.

Der französische Aussenminister Laurent Fabius äusserste sich auch prompt genau in diese Richtung als er sagte: "Sollte der UN-Sicherheitsrat zu keiner Entscheidung kommen können, dass es andere Wege geben wird eine (Entscheidung) zu finden. ... Es wird eine Antwort mit Gewalt in Syrien von der internationalen Gemeinschaft geben, aber es steht nicht zur Frage Bodentruppen zu entsenden." Natürlich vorausgesetzt es stellt sich heraus, dass die syrische Regierung hinter diesen Giftgasangriffen steckt. Aber was Frankreich oder auch die internationale Gemeinschaft tun soll wenn sich herausstellt dass es nicht Assad war, sondern die "Rebellen" diese Tat verübt haben, das verriet Fabius nicht.

Ein weiterer Punkt der vom Standpunkt des Timings eher dafür spricht dass es nicht syrische Truppen waren, ist die "Friedenskonferenz" in Genf die für den 28.08.2013 angesetzt ist. Wie ich bereits am 21.06.13 schrieb, hoffte US-Aussenminister John Kerry das eine solche Konferenz bis Ende Mai stattfinden kann. Doch für die "Rebellen" gab es nach eigenen Angaben keinen Grund sich an den Verhandlungstisch zu setzen solange sich ihre Ausgangsposition auf dem Boden (sprich die Zurückdrängung der Offensive der syrischen Truppen) nicht verändert.
Mit einem solchen Giftgasangriff ändert sich die Situation aber auf dramatische Art und Weise, unabhängig erst einmal von wem der Angriff verübt wurde. Ein solches Verbrechen wird nicht toleriert werden, egal von welcher Seite. Glaubt man Berichten des Sprechers des russischen Aussenministeriums Aleksandr Lukashevich, verfügt Moskau über Berichte welche belegen, dass die "Rakete welche am 21. August von Stellungen gefeuert wurde die von Aufständischen besetzt ist, ähnlich der ist welche von Terroristen am 19. März in Khan al-Assal genutzt wurde."
Wer auch immer diesen schändlichen Angriff zu verantworten hat, wird es vermutlich geschafft haben diese Friedenskonferenz vom 28. August torpediert zu haben, denn es wird keine Seite sich an einen Tisch setzen so lange nicht geklärt ist wer dahinter steckt. Selbst dann ist eine Konferenz eher ungewiss, angesichts der lauernden Gefahr eines militärischen Schlages des Westens.
Vergessen wir nicht die Warnung des stellvertretenden CIA-Direktors George Morell, dass Al Qaeda und deren Ableger in Syrien eine Gefahr für die Nationale Sicherheit der USA darstellen sollten sie in den Besitz von Chemiewaffen kommen. Wenn sich nun herausstellt dass genau das der Fall ist, wird der Druck von Frankreich und Grossbritannien auf die USA zunehmen um militärisch vorzugehen. Denn das Schreckensszenario welches von Gegnern solch eines militärischen Aktionismus gezeichnet wurde, nämlich dass nur Al Qaeda und deren wahhabitische Ableger in Syrien von einem Sturz Assad`s profitieren würden und diese gefürchteten Waffen in die Hände bekommen, wäre bereits hinfällig. Auch Israel machte mehr als einmal klar, dass es nicht zulassen werde dass diese Waffen in die Hände von Extremisten gerät.
Washington hätte aber lieber das Problem mit Moskau zusammen am Verhandlungstisch in Genf gelöst gehabt, (und dabei die Machtverhältnisse in der gesamten Region neu verteilt) als tatsächlich in einen erneuten Krieg im Nahen Osten hineingezogen zu werden. 

Angesichts dieser Punkte erscheint mir die voreilige Verurteilung und Beschuldigung von Präsident Assad für diesen Giftgasangriff als fragwürdig, weil einfach kein Nutzen auf strategischer noch auf taktischer Ebene für Assad ersichtlich ist. Diese Meinung teilt auch Charles Lister, ein Analyst für das IHS Jane`s Terrorism and Insurgency Center.



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