Mittwoch, 13. November 2013

Israels Rolle bei französischer Sabotage der Genfer Verhandlungen

Noch in meinem letzten Bericht habe ich betont, weshalb es mich positiv stimmt dass es doch noch zu einer Einigung zwischen dem Westen und Iran kommt: nämlich das Fehlen jeglicher Schuldzuweisungen.

Man möchte aber fast sagen dass ich mich zu früh gefreut habe, nachdem der amerikanische Aussenminister John Kerry doch noch Feuer ins Öl giessen musste, als er am Montag bei seinem Besuch in Abu Dhabi erklärte, dass die westlichen Parteien allesamt "sich einig waren", als der Vorschlag den Iranern unterbreitet wurde.
"Die Franzosen haben es unterschrieben, wir haben es unterschrieben und alle waren sich einig dass es ein fairer Vorschlag war. Doch Iran konnte es zu diesem Zeitpunkt nicht annehmen", so Kerry. Damit widersprach er eindeutig den Diplomaten wie auch den französischen Medienberichten, die behaupteten dass Frankreich sich mit diesem fixfertigen Vertrag "unter Druck gesetzt fühlte" und so etwas nicht unterschreiben konnte. Auch der iranische Aussenminister Mohammad Javad Zarif erklärte in ziemlich eindeutigen Worten: "Noch so viele Tatsachenverdrehungen können nicht ändern was innerhalb in der P5+1 in Genf von Donnerstag 18.00 Uhr bis Samstag 17.45 Uhr passiert ist. Aber es kann das Vertrauen weiter erodieren."
Selbst das russische Aussenministerium sah sich am Dienstag gezwungen zu melden, dass es "nicht Irans Fehler" war dass es zu keinem Abschluss kam.

Ich denke viel mehr dass John Kerry`s Aussage für den einheimischen Gebrauch zu verstehen ist, und somit in die Rubrik "Taktik" gehört. Denn der US-Kongress befindet sich unter Dauerfeuer der zionistischen Lobby , wird von israelischen Ministern in Belagerungszustand genommen und von saudischen Milliarden geblendet, die statt in US-Waffen nun in französische Waffen investieren weil Paris sich einfach als, sagen wir mal den saudischen Wunschvorstellungen "kompromissbereiter" zeigte als Washington.

Das Paris die Milliarden von Euros und US-Dollars aus den arabischen Scheichtümern dringend benötigt ist nichts Neues, weniger bekannt dürfte die zionistische Lobby CRIF (Repräsentativer Rat der Jüdischen Institutionen in Frankreich) und deren Einfluss auf die französische Aussenpolitik hinblicklich des Nahen Ostens sein.
Der israelische Fernsehsender Kanal 2 meldete am Sonntag, dass der israelische Ministerpräsident Binyamin Netanyahu seinen "Freund" Meyer Habib in Paris kontaktierte und ihm die Warnung zukommen lies, dass wenn Frankreich nicht seine Position bei den Verhandlungen in Genf verhärtet, Israel den Iran angreifen werde. Habib telefonierte daraufhin umgehend mit Laurent Fabius. Diese Meldung wurde auch von der grossen israelischen Tageszeitung Ma`ariv bestätigt, die aber sogar noch einen Schritt weiterging. Wie wohl aus eigenen Quellen hervorgegangen ist, berichtete Netanyahu dem französischen Parlamentarier Habib, der zufälligerweise auch im Vize- Vorstand des CRIF war bevor er mit Unterstützung von Netanyahu ins französische Parlament gewählt wurde, dass die Saudis erfahren haben sollen dass die USA einen Deal mit Iran ohne vorherige Konsultation mit den 5 Partnern des P5+1 abschliessen wollen, und dass Washington auch plane die Franzosen wirtschaftlich aus dem Iran zu verdrängen.
So soll es angeblich Pläne geben, die französischen Lizenzautobauer von Renault im Iran durch amerikanische Autohersteller zu ersetzen, was für den angeschlagenen Renaultkonzern den endgültigen Genickbruch bedeuten könnte (Iran ist der achtgrösste Kunde weltweit für Renault).

Um Israels Rolle bei dieser französischen Sabotage eines Abkommens mit Iran in Genf nochmal besser zu verdeutlichen, muss unbedingt dieser Teil mit Meyer (Meir) Habib hervorgehoben werden.
Habib ist der erste praktizierende Jude der in das französische Parlament gewählt wurde, obwohl er als gebürtiger Franzose in den 1970er Jahren mit seiner Familie nach Israel ausgewandert ist (oder wie es in Israel heisst, die Aliya gemacht hat). Sein Bruder Moshe Haviv ist ein Rabbi in Beit El, einer israelischen Siedlung auf besetztem Boden in Palästina. Kein Wunder nannte der israelische Ministerpräsident im Wahlkampf im Mai 2013 Meyer Habib als "einen guten Freund von mir und ein guter Freund von Israel." Und weiter dann auf hebräisch: "Er kämpft eine Menge für Israel, für die öffentliche Meinung und kümmert sich intensiv um das Land von Israel und Jerusalem, und er half mir über die letzten Jahre hinweg die Beziehung zwischen Israel und Frankreich zu vertiefen. Wir brauchen ihn um diese Bindung in der besten Art und Weise zu repräsentieren. Wählen Sie (ihn)!"

Und was sagte Habib selbst dazu? Hier kommt nämlich genau die gleiche Frage zum Tragen wie in den USA auch: wem gehört die Loyalität der israelischen Doppelstaatsbürger im Ausland? (siehe auch meinen Bericht dazu)  Meyer Habib aber sah darin offensichtlich kein Problem:
"Ich bin Franzose und die Zukunft Frankreichs ist am Wichtigsten für mich. Aber ich bin auch ein Jude und Unterstützer für Israel - ich sehe da keinen Widerspruch."
Wobei es da sehr wohl Widersprüche gibt, und zwar ziemlich eklatante. Denn Habib kritisiert offen die Richtung die Frankreich als ehemalige Kolonialmacht im Mittleren Osten genommen hat und im Zuge dessen immer wieder auch Israel für die Besatzungspolitik kritisiert hat. Das ist der Punkt wo Habib in seiner neuen Tätigkeit als Parlamentsmitglied und in seiner Eigenschaft als Mitglied im aussenpolitischen Ausschuss ansetzen will.
"Frankreich hat viele Fehler in der Aussenpolitik und der Auswahl von Freunden begangen. ... Frankreich sollte erkennen und anerkennen, wer seine richtigen Alliierten und Freunde sind, wer die gleichen Werte hat wie wir. Israel ist das einzige Land im Mittleren Osten mit den selben Werten. Während dieser ganzen Zeit sagten die Menschen in Europa dass Israel extreme Politik betreibt und die EU mit den Siedlungen etwas machen soll. Wir haben einen Fehler gemacht aber jetzt sehen wir die Wahrheit - wir können keine Demokratie in Länder exportieren die daran gar nicht interessiert sind."
Es ist ganz klar zu erkennen dass Habib eine Politik von "Israel- First" betreiben wird, was er auch prompt in seiner allerersten Sitzung im Parlament bewies. Dort stellte er den Antrag, dass Israel in die "Weltorganisation der französischsprechenden Länder" aufgenommen wird. Französischsprechende Länder? Israel?? Wie passt denn das zusammen? Aber Monsieur Habib wird darin sicherlich keinen Widerspruch sehen, genau so wenig wie in seiner Absicht die französische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umzusiedeln, obwohl Jerusalem nicht einmal von den USA, dem mächtigsten Partner Israels, als Hauptstadt Israels anerkannt wurde (aber auch in den USA steht das Aussenministerium massiv unter Druck der Neocons und zionistischen Lobby genau das zu tun).

Obwohl es in den französischen Medien und auch in Israel für heftige Kritik an Netanyahus blatanter Einmischung in die Politik von Drittstaaten gab, interessierte sich sonst niemand grossartig dafür. Das ist ja auch beileibe nicht das erste Mal das Netanyahu sich direkt in die Politik anderer Staaten einmischt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen in den USA setzte Netanyahu voll auf Mitt Romney, den Herausforderer von Obama, weil auch dieser von der Maxime "Israel- First" geleitet wurde aber ihm das schliesslich unter anderem zum Verhängnis wurde.

Bemerkenswerterweise führte nun ausgerechnet der Iran in den USA dazu, dass dort eine Debatte zu diesen Einmischungen Netanyahus sogar in den Mainstream Medien entfacht wurde. Auf PBS Newshour wurde genau diese Frage gestellt: "Nun es war klar das Israel nicht - dass Netanyahu niemals an Bord war. Wieviel von alledem wurde aufgrund seinem Beharren darauf, dass es sich um einen schlechten Deal handelt, nicht nur zu seinen Alliierten die in Genf waren, sondern auch hier in den USA im Umgang mit unseren nationalen Bedenken über Israel? "

Margaret Warner: "Ich denke dass die Einwände und Rolle von Ministerpräsident Netanyahu hier nicht überschätzt oder unterschätzt werden können, noch sollten
Er hatte wie Sie sagten einen Paukenschlag indem er zu den Menschen nicht nur in der Administration sprach, sondern auch zu den Menschen im Kongress. Und er bestätigte den Verdacht Gestern dass er die meisten dieser europäischen Staats und Regierungschefs anrief. Und er ging vom Ausdruck "macht keine voreiligen Deals, welche es dem Iran erlauben würden weiter anzureichern" über zur Aussage dass er von seinen amerikanischen Quellen die Umrisse des Deals erhalten hat und dass in der Tat ein Deal sich abzeichnete."

PBS: "Es war interessant zu sehen dass US-Senatoren herauskamen und sagten, und sogar Gouverneure in den letzten zwei Tagen herauskamen und sagten dass es ein schlechter Deal wäre, was die Vermutung nahelegt dass das ihnen irgendjemand nahegelegt hat der nicht aus der Administration ist dass das ein schlechter Deal ist."

Margaret Warner: "Ja."

Das ist für amerikanische Mainstream Medien die ansonsten keinerlei Kritik an Israel üben, schon fast eine Sensation und zeigt ganz klar, dass das zionistische Narrativ in den Vereinigten Staaten von Amerika ziemlich grosse Risse erhalten hat.  Es zeigt aber auch einmal mehr, über welche politische Macht Israel verfügt, nicht nur in den USA sondern eben auch in Europa.
                                                                                                                                                                                      
Man beachte die Sitzordnung: der "Franzose" Meyer Habib sitzt neben Binyamin Netanyahu, auf der gegenüberliegenden Seite sitzt der ex-französische Präsident Nicolas Zarkosy. Zu welcher Delegation würden Sie Habib zuweisen, der israelischen oder französischen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen