Mittwoch, 22. Januar 2014

Hat Saudi Arabien in Syrien verloren?

Hat Saudi Arabien in Syrien verloren? Angesichts der wirklich dramatischen humanitären Lage in diesem vom Krieg und Terror geplagten Land erscheint mir diese Frage schon fast peinlich. Peinlich deshalb, weil es das Leid der Menschen in Syrien überhaupt nicht addressiert sondern sich nur um eiskalte geopolitische Schachzüge dreht. Nimmt man die heute beginnende "Vor"-Konferenz zu den Genf II Gesprächen im schweizerischen Montreux zum Anlass, und der unbeschreiblichen Blamage des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon noch dazu, dann geht es trotz der leidenschaftlichen Eingangsreden der Aussenminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Russlands und Syriens auch nur darum: um eiskalte Geopolitik.

Der UN-Generalsekretär, immerhin eine Position die ziemlichen Respekt ausstrahlen sollte, musste zum Wochenstart äusserst schmerzhaft und peinlich feststellen, dass seine persönliche Position nicht im Geringsten mit der angedachten Position des UN-Generalsekretärs zu vereinbaren ist. Da stand er mit Sicherheit nicht erst am Samstag vor der Frage ob er eine Einladung nach Teheran zu der Syrien-Konferenz versenden soll, und als er es dann doch tat, kassierte er einen Schuss vor den Bug welchen er nie wieder in seinem Leben vergessen wird. Die USA, in Form von Aussenminister John Kerry und UN-Botschafterin Samantha Power, haben in aller Öffentlichkeit Ban Ki Moon wie ein kleines Kind getadelt das unerlaubt einen Freund eingeladen hat.
Aber worum ging es da überhaupt? Der UN-Generalsekretär hatte am Montag Morgen eine Einladung an Teheran zugeschickt, doch noch an dieser Konferenz teilzunehmen. Und bereits am Abend sah sich Ban Ki Moon gezwungen wieder zurückzurudern, nachdem die USA klar gemacht haben wie sie sich die Spielregeln vorstellen, und nachdem auch die Syrian National Coalition (SNC) gedroht hatte die Teilnahme abzusagen sollte der Iran am Verhandlungstisch sitzen. Auch Saudi Arabien wehrte sich vehement dagegen. Der UN-Generalsekretär begründete die peinliche Ausladung dann damit, dass er sich "enttäuscht zeige" eingesichts der öffentlichen Aussagen aus Teheran, die Vorbedingungen der USA nicht anerkennen zu wollen. Dabei hatte Teheran nie zugestimmt dass es unter irgendwelcher Vorbedingungen anreist, sondern immer klar und deutlich ausgesprochen, dass eine Lösung nur durch das syrische Volk zu erreichen sei.
Diese Vorbedingung die Ban Ki Moon anspricht, ist die amerikanische Interpretation des "Genfer Communiquee" vom 30.06.2012, wonach Washington darauf besteht, dass es in der darin erfassten "Übergangsregierung" keinen Platz für den aktuellen Präsidenten Bashir al-Assad gibt. Dabei ist dieses Dokument in diesem Punkt ziemlich eindeutig. In dem Punkt welcher die "Übergangsregierung" beschreibt heisst es: "Es kann Mitglieder der gegenwärtigen Regierung und der Opposition sowie anderen Gruppierungen beinhalten, und soll nach gegenseitigem Einvernehmen geformt werden".
Sonst steht in diesem ganzen Dokument nichts weiter, erst Recht nicht dass Assad in der Übergangsregierung keinen Platz hat wie es John Kerry noch heute Morgen zur Eröffnung der Konferenz in Montreux gesagt hat. Kein Wunder also, dass Teheran diese amerikanische Interpretation nicht anerkennt.

Was nun aber wie eine öffentliche Zurückweisung Iran`s aussieht, ist in Wirklichkeit weit weniger schlimm als es aussieht.
Wenn es den USA mit dieser Genf II-Konferenz tatsächlich ernst wäre einen Frieden in Syrien auszuhandeln, dann müsste nicht nur die SNC mit am Tisch sitzen, sondern viel mehr die wahhabitischen Extremisten die über grosse Teile Syriens herrschen. Jene SNC-Führer wie Mohammad Bassam Imadi oder Generalsekretär Mustafa al-Sabbagh die aus Protest der SNC-Politik zurückgetreten sind, veranschaulichen ziemlich deutlich wie schwach diese lose Gemeinschaft der Syrian National Coalition in Wirklichkeit ist.
Imadi sagte in einem Interview, dass der SNC "nur aus einigen Expats die ausserhalb von Syrien leben" besteht, und dass "sie den Bezug zur Realität in Syrien verloren haben".
Ausserdem müsste mindestens auch der Iran anwesend sein, da ohne die Hilfe aus Teheran der Widerstand gegen die "Rebellen" deutlich schwerer gewesen wäre.

Da aber nun in der Schweiz weder die wahhabitischen Kommandeure noch ein offizieller Vertreter aus dem Iran anwesend ist, sondern nur jene Parteien (ausser die syrische Regierungsdelegation und Russland) die den Sturz von Präsident Bashir al-Assad zum Ziel haben, dann kann und wird diese Konferenz keine brauchbaren Lösungen produzieren können weil die Realität vor Ort einfach anders aussieht. Nun gibt es solche Stimmen die sagen, dass Washington jetzt politisch das erreichen will was militärisch nicht gelungen ist. Und dass damit auch Saudi Arabien über Umwege zum Ziel gekommen ist. (Für alle die sagen dass es ja eine ganze Anzahl von Drittländern an der Konferenz gibt die nicht nur an einem "Regimewechsel" interessiert sind; ja das stimmt. Aber diese Länder verfügen nicht über den geringsten Einfluss, noch haben sie etwas mit dem Krieg in Syrien zu tun und gehören deshalb nicht zu den "Verhandlungsparteien".)

Für mich sieht das Bild aber anders aus. Im Iran selbst hielt sich die Kritik über die Ausladung Ban Ki Moon`s in Grenzen, Russland hielt sich ebenfalls mit scharfer Rhetorik zurück und sogar in Israel ist man der Meinung, dass diese "Machtvorstellung" der USA ein reiner politischer Winkelzug war um die Kriegstreiber in den USA zu plakattieren. Präsident Obama soll noch im Dezember gesagt haben, dass die "Politik hart gegenüber dem Iran zu sein gut ist für jemanden der sich für ein Amt bewirbt oder bereits im Amt ist".
Ausserdem dürfen die Entwicklungen in den benachbarten Ländern nicht vernachlässigt werden, will man ein Gefühl für die Lage bekommen. Wie ich im Bericht "2014: das Jahr des iranischen Rakhsh" geschrieben habe, hat Saudi Arabien versucht die Regierung im Libanon mit einem Kredit von 3 Milliarden US-Dollar zu "kaufen", um so die Hezballah aus der Regierung auszuschliessen. Und für eine kurze Weile sah es auch tatsächlich so aus wenn man den Aussagen des libanesischen Präsidenten Michel Sulejman zuhörte, der sich sehr über diesen finanziellen Zustupf gefreut hatte. Doch schon noch ein paar Tagen änderte sich plötzlich der Wind auf eine gänzlich unerwartete Seite, wie das so oft der Fall ist im Mittleren Osten. Ausgerechnet der politische Intimfeind der Hezballah im Libanon, Saad Hariri, dessen Vater vollkommen in Dienst Saudi Arabien`s stand und auch sein Milliardenvermögen dem Land verdankt, kündigte vergangenen Donnerstag an, dass er es sich vorstellen kann in "einer Regierung neben Hezballah" zu sitzen. Das sind nicht gerade Nachrichten die man in Riad hören wollte. Und kann man einem Bericht Glauben schenken, dann geschah dieser Sinneswandel auf Druck der USA die insgeheim mit der Hezballah verhandeln. Gemäss diesem Bericht heisst es, dass der US-Botschafter in Syrien Robert Ford die wichtigsten Vertreter der Syrian National Coalition in Istanbul zusammen getrommelt hatte und ihnen damit gedroht hat das Geld zu streichen, sollten sie trotz des kritischen internen Widerstandes nicht zur Konferenz erscheinen. Und weiter heisst es da, dass sich der saudische Geheimdienstchef und Drahtzieher der Terrorkampagne in Syrien, Prinz Bandar bin Sultan, zur Zeit in den USA aufhält aufgrund einer "Krankheit und psychischer Übermüdung". Ausserdem sollte sich die NSC darauf gefasst machen, dass sich ab März ein Kurswechsel in der saudischen Politik ankündigt, nachdem "Bandar`s Plan für Syrien katastrophale Auswirkungen in Syrien und der Region" hatte.

Sollte dieser Bericht also den Tatsachen entsprechen, dann bereiten sich die Vereinigten Staaten von Amerika tatsächlich für einen Übergang in der Region vor, aber nicht solch einen der in Riad und Tel Aviv vorgesehen war. Deshalb ist es für den Iran auch nicht so wichtig um an dieser Konferenz teilzunehmen, weil sich die geopolitische Situation in der Region nicht nur im Interesse Teheran`s entwickelt, sondern auch Russland`s und China`s. Und diese Parteien sind in der Schweiz vertreten.

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