Montag, 6. Januar 2014

Jordantal nicht wichtig für Israels Sicherheit

Da haben wir es endlich einmal aus dem Munde von jemandem, der eigentlich ganz genau weiss was eine Bedrohung für Israel darstellt und was nicht. Meir Dagan, der ehemalige Direktor des berühmt-berüchtigten israelischen Geheimdienstes Mossad, sagte am Freitag dass das "Jordantal nicht essentiell für die Sicherheit Israel`s ist". Weiter meinte er dass die ganze Argumentation der israelischen Regierung über die angebliche Sicherheitsbedrohung die aus dem Jordantal kommen könnte, nichts weiter als "Manipulation" sei.

Gerade dieses weltweit einzigartige Jordantal, 420 Meter unter dem Meeresspiegel, ist es welches ins Hauptaugenmerk der derzeitigen "Friedensverhandlungen" zwischen Israel und den Palästinensern gerückt ist. Obwohl sich das Jordantal, immerhin fast 30% der West Bank, eindeutig auf dem Gebiet des künftigen palästinensischen Staates befindet (an der östlichen Grenze zu Jordanien), wird es seit der israelischen Eroberung von 1967 und der Vertreibung von 250`000 Menschen nahezu exklusiv von jüdischen Siedlern und der israelischen Armee besetzt gehalten. Bis 2012 lebten nur etwa 9500 jüdische Siedler im Jordantal, aber die israelische Regierung unterstellte unglaubliche 86% des Jordantales der Gerichtsbarkeit dem "Regional Council" (Ausländer haben keinen Zugang auf diese Website) der Siedler. Jenen wenigen Palästinensern die dort auf nur 6% des Landes leben "dürfen", wird das Leben aber dennoch so schwer wie möglich gemacht. Und als ob das nicht schon genug ist, wird die Besiedelung des Jordantales von der israelischen Regierung immer weiter vorangetrieben und der Lebensraum für die Palästinenser ständig entzogen. Was sich im Jordantal abspielt, steht auch Stellvertretend für die West Bank, nämlich ein Kampf um jeden Millimeter des Landes. Während die illegalen Siedlungen, oder um die israelische Terminierung von "Aussenposten" zu benutzen, irgendwann geräumt werden können und die Siedler sich in Israel niederlassen können, bleibt den Palästinensern aber kein Plan B übrig. Sie haben nur das was sie haben, das ist ihre Heimat. Interessanterweise denkt 64% der israelischen Bevölkerung dass das Jordantal tatsächlich zum Staatsgebiet Israels gehört, was einerseits die anhaltende Verwunderung der Israelis über die Verhandlungen ihrer Regierung mit den USA bzw. Palästinensern über dieses Gebiets erklärt, und andererseits sehr gut zeigt wie erfolgreich die Geschichte der Palästinenser aus dem kollektiven Gedächtnis der Israelis verdrängt wurde.

Die aktuelle rechtsgerichtete israelische Regierung unter Ministerpräsident Binyamin Netanyahu machte in den letzten Monaten der "Verhandlungen" klar, dass Israel die Militärpräsenz im Jordantal auch bei einer Anerkennung eines unabhängigen und souveränen palästinensischen Staates beibehalten will. Obwohl die Regierung von Mahmoud Abbas in den Augen von vielen Palästinensern, wenn nicht sogar der Mehrheit, als ein willfähriges Instrument der israelischen Besatzung betrachtet wird und bereits viel zu viele Zugeständnisse an Israel zugelassen hat ohne dafür etwas Substantielles im Gegenzug erhalten zu haben, kann sie diesem Punkt mit Sicherheit nicht zustimmen. Es kann niemand ernsthaft erwarten, dass die Menschen nach Jahrzehnten unter israelischem Joch endlich einen eigenen Staat erhalten haben, nur um weiterhin in einer der Ressourcenreichsten Region ihres Staates ebenjene Soldaten auch weiterhin ihre Präsenz und Macht zu demonstrieren, welche bis Gestern noch das Symbol der Unterdrückung und Erniedrigung eines ganzen Volkes waren.
Der israelische Verteidigungsminister und Bewohner einer illegalen Siedlung in Palästina, Moshe Ya`alon, machte gerade erst wieder klar was er von einem Rückzug der IDF aus dem Jordantal hält: "wenn sich das Militär zurückzieht, wird die Hamas die Kontrolle über das Gebiet übernehmen".
Der selbe Moshe Ya`alon, sagte noch im Januar 2013 in seiner Funktion als Vize-Ministerpräsident von Netanyahu, dass "es nicht mehr länger im Interesse Israel`s wäre, einen souveränen und unabhängigen Staat Palästina zu erlauben."

US-Aussenminister John Kerry hat in seinem Bemühen um eine Zwei-Staaten Lösung jedoch Israels Sicherheits-Argument betreffend des Jordantales übernommen, als er Anfang Dezember den beiden Parteien einen Plan vorlegte. Gemäss diesem Plan sollte nach der Gründung des Staates Palästina die "israelische Präsenz proportional mit der Steigerung der Sicherheit reduziert werden", jedoch müsse mit einer langjährigen IDF-Präsenz im Jordantal gerechnet werden. Ausserdem solle Palästina keine Armee mit schweren Waffen erhalten, sondern lediglich eine starke Polizeitruppe. Die Grenze zu Jordanien soll mit israelischen-palästinensischen Truppen unter einer möglichen Teilnahme von US-Soldaten überwacht werden. Gleichzeitig stellte dieser Plan eine massive Aufstockung von US-Waffen in Aussicht, um den Verlust der militärischen Präsenz in der West Bank zu kompensieren.
Erwartungsgemäss lehnten die Palästinenser diesen Plan entschieden ab, aber was etwas überraschend war, war die heftige Ablehnung der israelischen Regierung. Der Geheimdienstminister Yuval Steinitz sagte, dass "die Sicherheit in unseren Händen bleiben muss."

Doch von welcher Gefahr reden Netanyahu & Co. überhaupt? Die Meinung ist, dass Israel Grenzen und Territorium braucht, um einen möglichen Angriff von feindlichen Landstreitkräften von Osten bereits im Jordantal abzufangen, bevor sie über "die Berge" kommen und das überlebenswichtige und industrielle Kernland Israels erreichen.



































Man argumentiert dann weiter, dass der Jordangraben nicht nur aus diesem Grund wichtig ist, sondern allein schon wegen seiner topographischen Lage im Jordangraben geradezu extreme strategische Wichtigkeit besitzt.





























Aber stimmt denn das überhaupt noch? Auch wenn es so viele Menschen in den höchsten Stellen der Regierung Israels behaupten, es stimmt einfach nicht! Das mag vielleicht noch vor 20 Jahren seine Gültigkeit gehabt haben, aber heute definitiv nicht mehr. Es gibt schlichtweg keine Feinde, oder besser gesagt keine Armee mehr in der Region, die eine Streitmacht nach Israel entsenden würde um dort den klassischen Fall des Ammenmärchens von "die Juden ins Meer werfen" zu vollziehen. Jene Armeen vor denen sich Israel in den Jahren seit seiner Existenz gefürchtet hat - Ägypten, Syrien und Irak - existieren nicht mehr, sind keine Feine mehr oder sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Für den Fall des Jordantales kam sowieso nur die irakische Armee als Bedrohung in Frage, da die anderen Staaten ihre Armeen nicht zuerst nach Jordanien entsenden würden um sie dann anschliessend über den Jordangraben nach Israel zu lotsen.

Das hat wie schon am Anfang erwähnt, nun auch der ehemalige Mossad-Direktor Meir Dagan bestätigt. Zuvor haben das bereits zahlreiche Vertreter der israelischen Armee selbst gesagt, wie zum Beispiel General Nati Sharoni. Er beschreibt auch ganz klar, dass für die heutigen wie auch künftigen Bedrohungen für Israel keine Militärpräsenz im Jordantal notwendig ist.
Ganz im Gegenteil, Sharoni sagt dass eine "permanente Statusvereinbarung mit den Palästinensern, gemessen an dem Sicherheitsaspekt, mehr als einen adäquaten Ersatz für die Kontrolle über das Jordantal bringen wird."

Doch solange es in Israel eine rechtsgerichtete Regierung gibt die Empfehlungen wie jenen von Professor Efraim Inbar folgt, dem Direktor des Begin-Sadat Center for Strategic Studies und Professor für politische Studien an der Bar Ilan Universität, dann darf es nicht weiter verwundern wenn Gesetzesentwürfe zur Annektierung des Jordantales der Knesset zur Abstimmung vorgelegt werden. Die erste Hürde wurde bereits am Sonntag genommen, als die Abstimmung im Ministerium für Legislation eine Zustimmung für die Annektion mit 8:3 Stimmen erreichte. Damit ist der Weg frei zur Abstimmung im Parlament (Knesset), wo allerdings damit gerechnet wird dass Netanyahu auf Druck der USA dagegen abstimmen wird. Sollte es aber auch da zu Überraschungen kommen, ist der gesamte "Friedensprozess" endgültig gescheitert und die USA zur weltweiten Witzfigur erklärt.

Aber was empfiehlt denn Professor Efraim Inbar bezüglich des Jordantales überhaupt?
"Es ist imperativ dort Häuser für Juden zu bauen um eine verteidigungsfähige Linie entlang Israel`s Ostgrenze zu gründen. Hoffentlich wird Netanyahu endlich die mehrfach angekündigte Pläne zur Bebauung von E-1 in die Tat umsetzen und Israel`s Präsenz im Jordantal erweitern."

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