Mittwoch, 15. Januar 2014

Russland-Iran Öl Deal: was ist dran?

Die Reuters-Exklusivmeldung vom 10. Januar, dass Russland kurz vor einer möglichen Vertragsunterzeichnung mit dem Iran für substantielle Öllieferungen steht, sorgte schnell für lange Gesichter in Washington. Die Amerikaner reagierten prompt nach üblichem Muster, und drohten sogleich mit neuen "potentiellen US-Sanktionen", weil dieses Geschäft "inkonsistent mit den Abmachungen der P5+1 Vereinbarung mit dem Iran" wäre.

Der Knackpunkt liegt in der (bis jetzt) angeblichen Absicht Russland`s, täglich 500`000 Barrel iranisches Rohöl zu importieren, was einem Gegenwert von etwa 1.5 Milliarden US-Dollar pro Monat entspricht. Einnahmen die ohne Frage dringend im Iran gebraucht werden. Diese Öllieferungen würden einer Exportsteigerung von 50% gleichkommen, ebenfalls eine mehr als beachtliche Zahl.

Dass Iran momentan "nur" 1 Million Barrel Rohöl exportieren konnte, lag ausschliesslich an dem Wirtschaftskrieg den die USA und auch die EU mit den illegalen Sanktionen ausgelöst haben. Das alles hat mit dem Atomabkommen von Genf überhaupt gar nichts zu tun gehabt, auch wenn jetzt einige Kritiker behaupten dass es gerade die Sanktionen waren die die Iraner erst zu diesem Abkommen gebracht haben. Und was in diesem möglichen Geschäft zwischen Russland und Iran noch wichtiger ist, ist die Tatsache dass Russland diesem Wirtschaftskrieg gegen Iran nicht beigetreten ist und somit es beiden Ländern absolut zusteht, solche Geschäfte abzuschliessen.
Natürlich mag  man sich fragen wieso erst jetzt solche Gespräche stattfinden. Das zeigt lediglich wie clever Russland seine eigenen strategischen Interessen verfolgt und sich nicht blindlings in irgendwelche für sich selbst potentiell gefährliche Situationen begibt, indem am selben Stuhl gesägt wird auf welchen man sich eigentlich hinsetzen möchte, wie das die EU getan hat.

Aber kommen wir nochmal zu dem Punkt "inkonsistent mit den Abmachungen der P5+1 Vereinbarung mit dem Iran" zurück. Dieser Satz impliziert, dass sich Iran in dem Genfer-Abkommen in irgendeiner Form zu reduzierten Ölexporten verpflichtet hat. Das ist schlichtweg falsch!
Der einzige Abschnitt des Abkommens der sich überhaupt mit dem Thema "Rohöl-Verkauf" befasst, ist folgender:
Im Gegenzug unternehmen die E3/EU+3 (die gleichen Länder wie bei der Abkürzung P5+1) folgende freiwillige Massnahmen: Anstrengungen anhalten um Iran`s Rohöl Verkauf weiter zu reduzieren; iranischen Bestandskunden es zu ermöglichen die gegenwärtig durchschnittliche Menge an Rohöl zu kaufen. Die Zurückführung von einer vereinbarten Summe von blockierten Einnahmen im Ausland ermöglichen. Für solche Ölverkäufe die EU und US-Sanktionen auf assoziierte Versicherungs- und Transportservice suspendieren. 

Und mehr steht in dem Abkommen nicht drin. Wenn also überhaupt eine Partei "inkonsistent" mit dem Genfer-Abkommen handelt, dann kann es nicht der Iran sein wie es die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates formuliert hatte, sondern Russland als mitunterzeichnete Partei der "E3/Eu+3"-Länder. Aber gemäss der Formulierung im Abkommen handelt es sich um eine freiwillige Massnahme , und eine freiwillige Massnahme ist und war noch nie ein bindender Vertragsgegenstand. Konsequenterweise würde es Russland also freistehen dieses Öl aus dem Iran zu importieren, auch wenn Moskau sich in Genf als Vertragspartei der P5+1 Länder auf eine "freiwillige Massnahme" verpflichtet hat.

Meiner Meinung nach handelt Teheran, sofern dieser Deal tatsächlich real sein sollte, im Nationalen Interesse des Landes und hält lediglich nach Optionen Ausschau, um im Falle eines Scheitern des Projektes mit dem Westen trotzdem etwas in den Händen zu haben. Ausserdem signalisiert die Bekanntmachung dieses möglichen Deals mit Russland dem Weissen Haus auch, dass Präsident Obama jene Kongressabgeordnete mit seinem angekündigten Veto in Schach halten soll, die von der zionistischen Lobby AIPAC "inspiriert", ein anti-Iran Gesetz (siehe letzten Bericht) bringen wollen, welches definitiv als "inkonsistent" mit dem Genfer-Abkommen bezeichnet werden kann. Die Folgen wären somit für Washington bereits klar ersichtlich: das Sanktionsregime der USA und EU würde von Russland zum Scheitern gebracht. Und das ist, denke ich, der Punkt vor welchem sich die Amerikaner und Israelis am meisten fürchten.

Das Spiegel Online zwar über dieses mögliche Ölgeschäft berichtet und dabei nur folgenden Absatz für das anti-Iran Gesetz übrig hatte, verwundert mich kein bisschen:

Im US-Kongress wird zugleich über einen von demokratischen und republikanischen Senatoren eingebrachten Entwurf für neue Strafmaßnahmen gegen Iran diskutiert. Sie sollen in Kraft treten, wenn das Land sich nicht an die Vereinbarungen des Atomabkommens hält.

Dieser Gesetzesentwurf hat aber sehr wenig damit zu tun, "Strafmassnahmen gegen Iran" einzuführen sollte "das Land sich nicht an die Vereinbarungen des Atomabkommens" halten, sondern es ist viel mehr eine klare Absicht dahinter zu erkennen, dass die USA das Genfer-Abkommen selbst zum Scheitern bringen, sollte der Entwurf tatsächlich zum Gesetz werden. Edward Levine vom "Center for Arms Control and Non-Proliferation" hat diesen Gesetzesentwurf gründlich analysiert und die entsprechenden Passagen hervorgehoben die genau diese Absicht bestätigen.
Eigentlich hätte Gestern die Abstimmung im Kongress zu diesem Gesetzesentwurf stattfinden sollen, doch nach massivem Druck aus dem Weissen Haus und womöglich auch angesichts der Ankündigung des folgeschweren (für das US-geführte Sanktionsregime) Ölgeschäfts zwischen Russland und Iran, wurde diese Abstimmung vorerst verschoben.  


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