Donnerstag, 20. Februar 2014

Bibi hat mich in einen Antisemit verwandelt

"Bibi hat mich in einen Antisemit verwandelt" ist eine Reaktion des Israeli Roy Isacowitz zu den verzweifelten Versuchen der israelischen Regierung, die BDS-Kampagne gegen die israelische Besatzung von Palästina und Syrien (Golan Höhen) als "klassischen Antisemitismus im modernen Umhang" zu verteufeln.
Diese Zeilen von Roy Isacowitz sind aber angesichts der äusserst ernsten Tragweite dieser Anschuldigung Netanyahu`s von herzerfrischendem Mix von Selbstironie und Zynismus, dass sie es absolut verdient haben in die deutsche Sprache übersetzt zu werden. Daher hier meine Übersetzung:

"Es ist nicht einfach für jemanden zu akzeptieren, der seit seiner Geburt Jüdisch ist, seit über 40 Jahren in Israel lebt und gerne daran glaubt dass er keinen rassistischen Knochen in seinem Körper hat. In Wirklichkeit ist es ein echter Hammer!

Aber es muss ja wahr sein weil es Ministerpräsident Netanyahu gesagt hat dass es so ist - und wir alle wissen dass Bibi niemals unglaubwürdige und inkonsistente (Meinung von "play fast and loose" aus der Übers.) über Dinge sagen würde die so heilig sind wie Antisemitismus und Holocaust. 

Um genauer zu sein, Netanyahu beschrieb Unterstützer eines Boykotts gegen Israel, von welchen ich einer bin, als "klassische Antisemiten im modernen Umhang". In der Vergangenheit - sagte der Ministerpräsident Anfang der Woche - "boykottierten Antisemiten jüdische Geschäfte, und heute rufen sie zum Boykott gegen den Jüdischen Staat auf."

Fall geschlossen. Jeder der einen Boykott gegen Israel unterstützt um es als Druckmittel zu nutzen damit es (Israel) ihre verrückte und suizidale Herrschaft über das palästinensische Volk aufgibt, ist ein klassischer Antisemit. Nicht ein ordinärer, nullachtfünfzehn Antisemit, nein, sondern ein klassischer - vom Typ der zuerst noch durch die Protokolle von Zion fliegt bevor er das Licht in der Nacht ausmacht und glaubt, dass die Juden christliches Blut für das backen ihres Matzot benutzen. 

Es ist auch wert zu erwähnen, dass das Boykott-Gesetz der Regierung speziell "jedes Gebiet unter israelischer Kontrolle" inkludiert hat, was bedeutet dass selbst der Verzicht von Weinen aus dem Golan ein sicheres Zeichen von Antisemitismus ist. Wenn sie also das nächste Mal im Supermarkt die Herkunft der Petersilie überprüfen möchten, denken sie nochmal darüber nach. Das nächste was sie dann wissen werden ist, dass sie Hakenkreuze an die Wände sprayen werden. 

Das ist wie Drogen dieses antisemitische Zeug.  Sie beginnen mit etwas Kleinem, wie Vermeidung von Kräutern aus Gush Etzion (illegale Siedlung), und bevor sie es wissen ziehen sie sich mit Schaum vorm Mund Mein Kampf rein.

Es ist das Gleiche, ehrlich; Antisemitismus ist Antisemitismus. Nur ein proto-Antisemit würde nach Nuancen im Schmutz und Dreck schauen. Glücklicherweise haben wir unseren scharfen und zielsicheren Ministerpräsidenten um die Gefahr abzuwehren und uns auf der Geraden und Enge zu halten. Nur er weiss wie teuflisch hinterhältig die Antisemiten wirklich sind. 

Es wird seine Zeit brauchen bis ich mich daran gewöhnt habe ein klassischer Antisemit zu sein. Es ist wie in meinen Sechzigern herauszufinden, dass mein biologischer Vater in der Tat Himmler war oder das ich fälschlicherweise nach meiner Geburt verwechselt wurde (ich frage mich ob er auch zum Antisemit gemacht worden wäre). Ein ganzes Leben von Selbstfindung muss zerschrottet werden und der Prozess von vorne begonnen werden.

Nicht das es gänzlich unerwartet gekommen wäre, um ehrlich zu sein. Ich habe relativ früh verstanden dass das progressive, nicht-rassische Judentum welches ich mit der Muttermilch eingeflösst bekommen habe (was war in dieser verdammten Milch um Himmels Willen?), weit weg von dem Judentum war welcher Israel aufrecht hält. So ziemlich von Anfang an war ich ein bisschen ein jüdischer wunder Stachel in Israel; ein Anachronismus unter meinen exklusiven und revanchistischen jüdischen Gefährten. 

Aber ich mich noch nie zuvor als Antisemit betrachtet. Ein nicht-mainstream Israeli, sicherlich; ein nicht-Zionist, vielleicht; sogar, vielleicht, ein quasi-selbsthassender Jude. Aber niemals ein Antisemit. 

Nun dank dem Ministerpräsidenten habe ich das Licht entdeckt. Ich bin zu alt und zu sehr festgefahren um meine Politik zu ändern, so dass ich mich einfach daran gewöhnen muss ein Antisemit zu sein und das beste daraus zu machen. Lerne mein antisemitisches Selbst zu lieben, wie es die moderne Pop-Psychologie bezeichnen würden. 

Und ich bin froh sagen zu können, dass es ein paar Glimmer der Erleuchtung zu geben scheint, wenn nicht exakte Hoffnung. Zum einen scheinen wir Antisemiten die Stimmung des Ministerpräsidenten und seiner Kohorten zu säuern. Es gibt keinen Zweifel dass sie von diesem Boykottzeugs besorgt sind, und besorgte Juden sollten einen Antisemiten glücklich machen, denke ich zumindest. Ich bin nach wie vor ein Novize bei den Antisemiten, deshalb weiss ich das nicht wirklich. Aber die Zeichen sind gut. 

Dann gibt es da noch die komischen, nagenden Zweifel die ich gelegentlich wegen meiner politischen Positionen hatte - wie zum Beispiel wegen dem Iran. Für mich hatte Netanyahu schon immer eine starke Strangelovian (Besessenheit von nuklearer Apokalypse, vor allem durch Inkompetenz oder Kurzsichtigkeit) Besessenheit den Iran mit Atombomben anzugreifen, aber ich gebe zu dass es Momente gab wo ich mich fragte ob er vielleicht doch mehr darüber weiss was abgeht als ich; immerhin ist er der Ministerpräsident.

Jetzt muss ich mich nicht mehr länger sorgen. Als ein Antisemit kann ich den jüdischen Ministerpräsidenten ohne Skrupel oder Gewissen zumüllen. Wenn pro-Israeli zu sein bedeutet, intellektuell so unehrlich wie der Ministerpräsident zu sein, dann könnte ich möglicherweise als ein Antisemit eine Stufe höher sein."   
 

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