Freitag, 9. Mai 2014

Iran im Zentrum der US-Ausrichtung nach Asien

Die ehemalige US-Aussenministerin Hillary Rodham Clinton erklärte der Welt im Oktober 2011 zum ersten Mal, dass sich die USA in der Zukunft hauptsächlich um Asien kümmern werden, weil dort das Big Business gemacht wird. Es sollte "Amerikas Jahrhundert des Pazifiks" werden. Das bedeutete nicht dass Europa oder der Mittlere Osten unwichtig geworden wären, das nicht. Nach einem Jahrzehnt des Kriegs gegen den Terror, mit der unnötigen und illegalen Invasion des Iraks als historisches Debakel mittendrin, hat man festgestellt dass man einen Feind bekämpft hat der nicht existierte. Im Schatten dieses Krieges wuchs in Form der Volksrepublik China ein wirtschaftlicher Gigant heran, der die globale Dominanz der Vereinigten Staaten von Amerika in nicht allzu ferner Zukunft stürzen könnte. Für eine Nation die von sich selbst überzeugt ist "einzigartig" zu sein, stellt jede andere Nation die auch nur annähernd so viel Macht erreichen könnte um eine regionale Hegemonie zu erlangen, per Definition eine Gefahr für die US-Dominanz dar. Natürlich geht es auch um das Big Business wie das "Trans Pacific Partnership" zeigt, aber unter Ausschluss von China wohlgemerkt (dem TPP gehören an: die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Mexiko, Peru, Chile, Singapur, Vietnam, Malaysia, Japan und Brunei).

Diese "Ausrichtung nach Asien" (oder "Pivot to Asia" wie es im US-Jargon heisst) ist also eine strategische Konzentration einerseits auf den wirtschaftlichen Aspekt, nämlich die Sicherstellung des amerikanischen Wirtschaftswachstums, andererseits aber ganz klar auch eine militärische Absicherung hauptsächlich durch die US Navy der Transportrouten von und zum asiatischen Markt. Obwohl die Obama-Administration immer wieder betont hat dass diese strategische Ausrichtung nichts mit einer Eindämmung von Chinas Macht zu tun hat, können die militärischen Züge wie US-Stützpunkte und Verteidigungspakts sowie die TPP auf nichts anderes deuten. Man braucht nur die wichtigsten Knotenpunkte der Seewege mit der Präsenz der US-Navy vergleichen um festzustellen, dass China zurecht diese Befürchtung hegt. Auch die immer häufigeren Seemanöver der USA zusammen mit Alliierten tragen nicht dazu bei, diese Befürchtung China`s zu besänftigen.

Die US-Navy sieht sich selbst als Garant für einen freien Waren- und Energieverkehr auf den Weltmeeren, so lange bis amerikanische Interessen nicht gefährdet werden. Was im ersten Augenblick vielleicht noch legitim erscheint, ist auf den zweiten Blick nicht nur ein Garant für den freien Austausch von Güter und Energie, sondern eben auch ein Werkzeug zum Schutz der amerikanischen Hegemonialmacht. Für ein Land wie China, welches in naher Zukunft die USA als grösste Wirtschaftsmacht der Welt überholt hat und sich selbst ein Einflussgebiet aufbauen will, stellt diese projizierte US-Power zwangsläufig eine Bedrohung für die eigenen Interessen dar. Zwar spricht man in China nach wie vor von der Möglichkeit von so etwas wie einer Koexistenz mit den Amerikanern vor der Haustüre, aber nur solange bis beide Seiten die "strategische Grundlinie" des jeweils anderen respektieren.

Und genau hier fängt das Problem bereits an. Indem die USA mit Freihandelsabkommen wie dem TPP (welches China ausschliesst) und dem Ausbau der US-Militärpräsenz auf den wichtigsten Seerouten Peking klar macht, dass die weitere Ausdehnung des chinesischen Einflussbereiches nicht geduldet wird, steht die Lebenslinie für das Reich der Mitte den Amerikanern im Grunde für Blockaden sperrangelweit offen. Über 90% der Importe nach China, darunter auch die überlebenswichtigen Energiegüter wie Öl und Gas, kommen über den Seeweg. Was das für Konsequenzen haben kann, konnte man während dem Zweiten Weltkrieg im Falle Japans beobachten als die USA die Öllieferungen auf der See blockiert haben.

Wie man auf dieser Karte sehr schön erkennen kann, bedarf es keiner grossartigen Kraftanstrengung um die Megatanker und Containerschiffe an der Durchfahrt nach China zu blockieren. Sämtliche Schiffe müssen durch Gebiete hindurch, die schon in den vorangegangenen Jahrhunderten von Piraten genutzt wurden, um Schiffe zu überfallen.

Wie gesagt, noch erreichen über 90% der Erdöl- und Gaslieferungen (sowie die anderen Importgüter) China über den Seeweg, aber die Bedrohung dieser geografischen Hindernisse hat man in Peking längst erkannt und versucht eine Entlastung zu finden.

China importiert von überall her das dringend benötigte Erdöl, der Löwenanteil fällt jedoch auf Saudi Arabien, Angola und den Iran ab. Die iranischen Importe erreichten in diesem ersten Quartal fast wieder jene Spitzenwerte von 2011(über 500`000 Barrel pro Tag), und das obwohl Washington immer wieder versucht die einseitig erklärten (und illegalen) Sanktionen gegen den Iran durchzusetzen. Es ist wie es ist, China braucht dieses Öl dringend für die eigene Wirtschaft, und da wird sich Peking sicherlich nicht amerikanischem Druck beugen und die eigenen Interessen aufgrund der US-Politik gefährden.
Es gibt dann immer wieder jene Stimmen die sagen, dass sich die Chinesen das fehlende Öl von anderen Erdölproduzierenden Ländern holen sollen. Es ist natürlich auch eine Frage des Preises; ein Land das Mühe hat ihr Öl aufgrund von Sanktionen zu verkaufen, wird sein Öl auch unter den Marktpreisen verkaufen. Man muss sich da nichts vormachen und meinen, dass sich Peking dieses Geschäft vermiesen lässt. Ausserdem spielen auch die Transportkosten eine nicht unwesentliche Rolle: je weiter weg ein Land ist, desto teurer wird der Transport.

Und genau hier will China jene Gebiete wieder zum neuen Leben erwecken, welche bereits in der Antike für die Verbindung von West nach Ost sorgten: die Gebiete entlang der Seidenstrasse.
Was bisher für die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Zentralasiatischen Länder durch US-Konzerne ein unüberbrückbares Hindernis darstellte, nämlich die natürlichen Barrieren durch enorme Gebirgsketten und die latente Sicherheitsgefahr der Route zum "Warmen Meer" (Persischer Golf), wird von Peking in den letzten Jahren fast schon still und heimlich ausgenutzt. Tausende Kilometer Rohrsysteme für Gas- und Ölpipelines wurden verlegt, um die enormen Vorkommen von Turkmenistan und Kazachstan anzuzapfen und mit Hochdruck nach China zu transportieren.


Auch Russland liefert natürlich Öl und Gas nach China, hier wird für diesen Monat ein Megadeal erwartet den der russische Präsident Vladimir Putin bei seinem Besuch in China unterzeichnen soll. Bei diesem Deal soll der russische Gasgigant Gazprom über 38 Milliarden Kubikmeter Gas nach China liefern. Kein Wunder wird in den Medien dieses Geschäft, sollte es dann auch tatsächlich zustande kommen, als "Heiliger Gral" der Geschäftsabschlüsse in diesem Bereich bezeichnet. Ein ähnlich gigantischer Deal kündigt sich auch zwischen Russland und Indien an, dort allerdings mit Erdöl.















Was zunächst nach sensationellen Meldungen für Russland und China klingt, was es zweifelsohne sein wird und für Washington für sagenhafte Kopfschmerzen sorgen wird, weil die Bezahlung höchstwahrscheinlich nicht mehr in US-Dollar getätigt wird sondern in einer der Lokalwährungen, ist aber für den Iran nicht weniger ein glanzvoller Ausblick.

Solange die USA mit dem illegalen Wirtschaftskrieg gegen den Iran weitermachen, wird sich Teheran zwangsläufig noch enger an die drei grössten und mächtigsten Länder in Asien binden müssen, sofern sich das Land nicht dem Diktat aus dem Westen unterordnen will. Genau das ist mitunter ein sehr wichtiger Aspekt in den Atomverhandlungen der P5+1 Länder und dem Iran: man will die Iraner mitsamt den riesigen Öl- und Gasvorkommen nicht gänzlich an den Osten verlieren. China wie auch Indien wollen natürlich das russische Gas und Öl, aber eben nicht zu 100% um in keine Abhängigkeit Moskau`s zu geraten. Da bleibt als beste Alternative was die Verbindung und Stabilität betrifft, nur der Iran übrig.

Doch nicht nur Öl und Gas sind für Indien und China von Bedeutung, sondern auch die normalen Importgüter die bisher über den Seeweg angeschippert werden mussten. China und Indien bauen jeweils einen eigenen Tiefseehafen im Golf von Oman: China in Gwadar/Pakistan und Indien in Chabahar/Iran (siehe dazu auch mein Bericht "2014 - Das Jahr des iranischen Rakhsh").

Diese Häfen sollen Umschlag-HUB`s, Raffinerien und auch Abkürzung für die von den USA dominierten Seewege werden. Selbstverständlich profitiert prinzipiell Pakistan von dem Tiefseehafen Gwadar, man muss aber kein Hellseher sein um auch die Vorteile für den Iran angesichts der geografischen Nähe zu sehen. Pakistan ist ebenso von importierter Energie abhängig wie auch Indien oder China, was liegt also näher auf der Hand als diese dringend benötigte Ressource direkt vom Nachbarland zu beziehen (nebst dem strategischen Verbündeten Saudi Arabien)?

Iran sitzt aufgrund seiner geostrategisch wichtigen Lage wieder einmal im Zentrum einer Machtverschiebung. Die amerikanische Ausrichtung nach Asien zwang die zwei grössten Mächte, aber insbesondere China, direkt zu dieser Achse zwischen China - Iran - Russland.
Das bedeutet aber nicht dass sich Iran vollkommen auf diese neue Achse stürzen wird. Iran braucht den Westen nach wie vor, insbesondere für den Import von Know How im Erdöl- und Gasbereich und was noch dringender ist, im Bereich des Wassermanagements. Aber auch Getreide wie Weizen wird importiert, und da ist nunmal der grösste Exporteur der amerikanische Kontinent. Es ist also nicht so dass es bei den Atomverhandlungen um nichts geht oder dass der Iran keinen Anreiz hat sich mit dem Westen zu einigen, ganz im Gegenteil! Auch die Iraner sind sich ihrer Geschichte sehr wohl bewusst, und man wird sicherlich darauf bedacht sein nicht in Abhängigkeit von irgendeiner Grossmacht zu geraten. Aber die Ukraine Krise, die von der NATO laut ausgesprochenen Überlegungen Truppen an die Grenze zu Russland zu stationieren, sowie der Versuch der Amerikaner die Macht Chinas irgendwie einzudämmen, all diese Punkte führen dazu bei dass sich die betroffenen Länder nur noch mehr darauf konzentrieren werden, sich von den Fesseln der amerikanischen Dominanz zu befreien. Es bleibt die Frage offen ob und wie sich der Westen mit dem Iran in der Atomfrage einigen wird,  bei welcher die von Israel gesponnene Angst (ohne jegliche Beweise geliefert zu haben) um iranische Nuklearwaffen zur Nebensache geworden ist.     

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen