Dienstag, 5. August 2014

Israelis verlangen Genozid

Es geht nicht darum den Staat Israel oder die Israelis schlecht zu machen. Es geht nicht darum antisemitische Tendenzen zu fördern. Es geht darum, die deutschsprachige Gesellschaft zu informieren und sie daran zu erinnern, dass das was wir hier als Verbrechen einstufen und zu einer heftigen Strafanzeige führen würde, ganz offen in Israel propagiert und geäussert wird. Während sich unsere Medien mit dem Anstieg von antisemitischen Parolen bei Demonstrationen gegen Israels Massaker in Gaza beschäftigen, ignorieren sie vollkommen die Rufe aus Israel nach der Auslöschung von Teilen des palästinensischen Volkes und der Einrichtung von Konzentrationslager für jene, die keinen Eid auf den Staat von Israel leisten. Und das nicht etwa von "Randgruppen", sondern direkt aus dem Herzen der israelischen Regierung, der Knesset.
Das ein Land, welches für sich selbst den Anspruch erhebt eine Demokratie zu sein und von unseren Politikern auch immer wieder so genannt wird, nicht mit sämtlichen Mitteln der Justiz gegen die Verursacher solcher Aufrufe zum Völkermord vorgeht, zeigt überdeutlich wie moralisch verkommen dieser, aber auch unsere Staaten geworden sind. Wir können nicht ständig vom radikalen Islamismus oder islamistischen Terror sprechen, während wir gleichzeitig Länder wie Israel besonders hervorheben und mit Federn schmücken, die es nicht verdient hat.

Worum geht es überhaupt? Nebst den diversen Berichten hier auf diesem Blog die immer wieder auf Vorfälle hingewiesen haben, wo der offene Rassismus in Israel zum Vorschein gekommen ist, haben wir jetzt den Sprecher der Knesset der zu einer völligen Auslöschung der Palästinenser im Gaza Streifen aufruft. Die Rede ist von Moshe Feiglin. Auf seiner Facebook Seite veröffentlichte er einen schockierenden Brief vom 1. August an Ministerpräsident Binyamin Netanyahu, der hier in seinem ganzen Ausmass gezeigt werden soll (Übersetzung aus dem Hebräischen ins Englische von Dena Shunra):

"Mit Gottes Hilfe

Zu Handen
Ministerpräsident Binyamin Netanyahu

Herr Ministerpräsident,

Wir haben gerade gehört dass die Hamas die Waffenruhe dazu benutzt hat um einen Offizier zu entführen. Es stellt sich heraus dass diese Operation nicht so schnell beendet sein wird.

Das Scheitern dieser Operation war von Anfang an vorauszusehen, weil:

a) es keine richtigen und klare Ziele gab
b) es keine geeignete moralische Rahmenbedingung zur Unterstützung unserer Soldaten gibt.

Was nun benötigt wird ist die Einsicht des Faktums, dass Oslo gescheitert ist, dass das unser Land ist - ausschliesslich unser Land, inklusive Gaza.

Es gibt keine zwei Staaten und es gibt keine zwei Völker. Es gibt nur einen Staat für ein Volk.

Wenn man das begriffen hat, benötigt es eine tiefe und grundlegende strategische Überprüfung in Sachen Definition des Gegners, der operationellen Aufgaben, der strategischen Ziele und natürlich von angemessen notwendigen Kriegsethiken. 

(1) Definierung des Feindes:

Der strategische Feind ist der extremistische arabische Islam in allen seinen Variationen, von Iran bis Gaza, welcher versucht Israel in seiner Gesamtheit auszulöschen. Der unmittelbare Feind ist Hamas. (Nicht die Tunnels, nicht die Raketen, nur Hamas.)

(2) Definierung der Aufgabe:

Eroberung des ganzen Gaza Streifens, und Auslöschung sämtlicher Kämpfer und deren Unterstützer. 

(3) Definierung der strategischen Ziele:

Gaza in Jaffa zu verwandeln, eine florierende israelische Stadt mit einer minimalen Zahl von feindlichen Zivilisten.

(4) Definierung der Kriegsethik: "Wehe dem Übeltäter und wehe seinem Nachbar"

Im Lichte dieser vier Punkte muss Israel folgendes unternehmen:

a) Die IDF (Israel Defence Force) soll gewisse offene Gebiete an der Grenze zum Sinai und angrenzend zum Meer bestimmen, in welchen die zivile Bevölkerung konzentriert wird, weit weg von den bebauten Gebieten die zum Angriff und für Tunnels genutzt werden. In diesen Gebieten werden Zeltcamps aufgebaut, bis relevante Auswanderungsdestinationen bestimmt wurden.

Die Lieferung von Strom und Wasser zu den ehemalig bewohnten Gebieten werden eingestellt.

b) Die ehemalig bewohnten Gebiete werden mit maximaler Feuerkraft beschossen. Die komplette zivile und militärische Infrastruktur der Hamas, deren Kommunikations und Logistikwege sollen bis auf ihre Grundmauern zerstört werden.

c) Die IDF wird den Gazastreifen längs wie quer aufteilen, die Korridore signifikant ausbauen, Kommandopositionen einnehmen, und Widerstandsnester auslöschen sofern noch welche bestehen. 

d) Israel wird beginnen nach Auswanderungsdestinationen und Quotas für die Flüchtlinge aus Gaza zu suchen. Jene die auswandern möchten, erhalten ein grosszügiges wirtschaftliches Unterstützungspaket so dass sie mit beachtlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten im Zielland eintreffen.

e) Jene die bleiben wollen und sie beweisen können dass sie keinerlei Zugehörigkeit zur Hamas haben, werden öffentlich eine Loyalitätsdeklaration zu Israel unterschreiben müssen, und erhalten dann eine blaue ID-Karte wie die Araber aus Ost-Jerusalem. 

f) Wenn die Kämpfe aufhören, wird das israelische Gesetz auf den ganzen Gaza Streifen ausgeweitet, die Menschen die von Gush Katif vertrieben wurden erhalten eine Einladung wieder in ihre Siedlungen zurückzukehren, und die Stadt Gaza sowie ihre Vororte werden als wahre israelische touristische und kommerzielle Städte wieder aufgebaut. 

Herr Ministerpräsident, dieses ist die Stunde der Entscheidung in der Geschichte des Staates Israel. Sämtliche Metastasen unserer Feinde, von Iran und Hezballah über ISIS und Muslimbruderschaft, reiben sich freudig ihre Hände und bereiten sich selbst auf die nächste Runde vor.

Ich warne davor dass jeder andere Ausgang als der den ich hier definiert habe, zur Folge hat dass die Offensive gegen Israel weiter vorangetrieben wird. Nur wenn Hezballah versteht wie wir mit der Hamas im Süden umgegangen sind, werden sie davon abraten ihre 100`000 Raketen aus dem Norden abzufeuern.

Ich rufe Sie an diese hier vorgeschlagene Strategie zu übernehmen. 

Ich hege keinen Zweifel daran, dass das ganze israelische Volk ihnen zur Seite stehen wird, genau wie ich, nur wenn Sie sie annehmen."

Abgesehen davon dass Moshe Feiglin hier Ideen und Strategien äussert für die es in Deutschland eine Gefängnisstrafe gäbe, offenbaren sie dennoch den Kern des Zionismus. Diese Ideen sind alles andere als neu. Zionisten beschäftigten sich mit dieser Frage schon lange bevor es den Staat Israel überhaupt gab, nur hatte sie damals noch Angst vor der "internationalen Gemeinschaft" wenn sie diese Ideen in aller Öffentlichkeit diskutierten. Deshalb wurde die Frage nach dem "Transfer", sprich der Vertreibung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung stets im Verborgenen geführt. Diese Ideen wurden dann sofort nach dem verabschiedeten UN-Teilungsplan vom 29.11.1947 in die Tat umgesetzt, als der jüdische Terror der bis zu diesem Zeitpunkt gegen die britische Mandatsmacht beschränkt blieb, auch auf die Palästinenser ausgeweitet wurde um die Menschen so aus ihren Häusern zu vertreiben.
Wie schon erwähnt ist das der Kern des Zionismus: so viel Land wie möglich mit so wenigen Palästinensern darauf wie möglich.

Das nun aber für alle in der Öffentlichkeit sichtbar ein israelisches Parlamentsmitglied sich solch verbrecherischer Rhetorik bedient - bei uns würde man schon von verbotenem Nazi-Jargon sprechen - ist nur möglich weil die israelische Bevölkerung selbst dieses Gedankengut hegt und von ihren Politikern und Rabbis so eingehämmert bekommt. Deshalb läuft Moshe Feiglin auch nicht Gefahr sich für diese absolut verabscheuungswürdige "Strategie" verantworten zu müssen, wenn doch der gleiche Diskurs selbst in israelischen Medien immer und immer wieder in verschiedenen Formen geführt wird.

In der Tageszeitung The Times of Israel erschien vor ein paar Tagen ein Artikel mit dem Titel "When Genocide is Permissible" (Wann Genozid erlaubt ist). Zwar wurde der Artikel dann später von der Redaktion gestrichen, weil man sich offensichtlich der Tragweite dieses Artikels und erst Recht des Titels erst später bewusst wurde, aber der "Schaden" war bereits angerichtet. Nicht dass es in Israel dafür einen Aufschrei der Empörung gegeben hätte, nein, aber in sozialen Netzwerken verbreitete sich der Artikel wie ein Lauffeuer und entblösste so das wahre Gesicht des Zionismus vor Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Das ist der eigentliche Schaden. Auf massiven Druck der US-Behörden musste dann auch die jüdische Zeitung 5 Towns Jewish Times den gleichen Artikel aus dem Netz nehmen, aber erst um einiges später als es in Israel gelöscht wurde. Dank aufmerksamen Usern und Google Cache wurde der Artikel festgehalten und ist auch weiterhin für alle zu lesen (hier und hier). Ich werde nur den wichtigsten Absatz dieses Artikels hier wiedergeben, der zeigen soll wie sehr diese Idee des Genozids an der palästinensischen Bevölkerung in Israel bereits verbreitet ist:

"Wir haben bereits klargestellt dass es die Verantwortung jeder Regierung ist für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen. Wenn politische Führer und Militärexperten entscheiden, dass der einzige Weg das Ziel der andauernden Ruhe durch Genozid zu erreichen ist, ist es dann erlaubt diese verantwortlichen Ziele auch zu erreichen?"


Wenn also in Israel eine öffentliche Diskussion darüber geführt wird, Teile eines anderen Volkes, welches nach Moshe Feiglin ja nicht einmal existiert, auszulöschen und diese Forderung selbst von einem Mitglied des israelischen Parlements gestellt wird, wieso wird das dann von der "internationalen Gemeinschaft" nicht verurteilt? Wofür gibt es dann die UN Konvention zur Verhinderung und Bestrafung des Genozid Verbrechens? Was ist überhaupt ein Genozid?
Nun genau das definiert also diese offensichtlich unwirksame UN Konvention. Artikel 2 erklärt das ziemlich genau:
"In der gegenwärtigen Konvention bedeutet Genozid jede der folgenden Handlungen die mit der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder in Teilen zu zerstören:
a) Mitglieder dieser Gruppe zu töten
b) Mitgliedern dieser Gruppe schweren körperlichen und mentalen Schaden zuzufügen
c) Absichtlich dieser Gruppe Lebensbedingungen zuzufügen, die darauf kalkuliert sind physische Zerstörung der ganzen Gruppe oder in Teilen herbeizuführen
d) Verhängung von Massnahmen die darauf abzielen Geburten innerhalb dieser Gruppe zu verhindern
e) Gewaltsam Kinder der einen Gruppe in eine andere Gruppe zu transferieren"

Was Israel in Gaza macht und gemäss Leuten wie Moshe Feiglin auch noch weiter vorhat, erfüllt sämtliche Merkmale eines von der UN definierten Genozids. Doch damit nicht genug. Gemäss der selben Konvention sind nach Artikel 3 auch jene Parteien zu bestrafen, die mitschuldig an dem Genozid sind "ganz gleich ob es sich um konstitutionelle Machthaber, Beamte oder Privatpersonen handelt." 

Das bedeutet dass nicht nur Personen wie Moshe Feiglin vor ein internationales Strafgericht gestellt werden müssen, sondern auch alle die diesen Genozid aus dem Ausland unterstützen. Theoretisch müssten sich also die "konstitutionellen Machthaber", sprich Präsidenten, Ministerpräsidenten und Bundeskanzler(in) ebenfalls vor Gericht verantworten, die Israel mit Waffen und politischer Rückendeckung ausstatten, weil sie eine Mitschuld am Genozid an den Palästinensern tragen. 

Doch von alledem werden wir sehr wahrscheinlich nichts erleben. Viel mehr werden wir weiter von unseren "konstitutionellen Machthabern" die Illusion auferlegt bekommen, dass Israel "die einzig wahre Demokratie im Nahen Osten" ist und somit per se schon nicht solcher Verbrechen wie einem Genozid beschuldigt werden kann. Auch das ist ein Grund weshalb sich Personen wie Moshe Feiglin vor keinerlei Konsequenzen fürchte müssen, wenn sie in aller Öffentlichkeit einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung, Konzentrationslager oder ethnische Säuberung verlangen.  


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