Montag, 20. Februar 2017

Nur Tote können Trumps Amerika retten

Vor über 2600 Jahren schrieb einer der brilliantesten Köpfe seiner Zeit diese unsterblichen Worte: "Nur die Toten haben den Krieg schon gesehen". Als Schüler von Sokrates, hatte Platon auch einen nicht weniger genialen Lehrmeister, um im Laufe der Zeit noch weitere denkwürdige Sprüche für die Ewigkeit zu verfassen. Auf die heutige Zeit bezogen, darf insbesondere dieser Spruch nicht fehlen, der nichts an seiner Aktualität und Gültigkeit verloren hat: "Es ist keine Schande nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen."

Was für die Zeit Platons galt, als Athen die Früchte des Sieges über die persischen Großkönige Darios I. und Xerxes I. erntete, galt auch all die Jahrhunderte danach bis heute: von Fehlern unserer Väter und Vorväter zu lernen. Im normalen Leben eine Selbstverständlichkeit, doch in der Politik eine Rarität. Die meisten Politiker, Diktatoren oder Könige die an die Macht kommen, denken es besser machen zu können als ihre Vorgänger. Nur den Wenigsten gelingt das tatsächlich. Die meisten von ihnen begehen unterm Strich die gleichen Fehler, nur nehmen sie dafür einen anderen Weg als ihre Vorgänger. Schauen wir doch mal auf US-Präsident Barack Obama: wie ein politischer Rockstar mit der "Yes We Can"-Hymne gefeiert, war er am Ende seiner zwei Amtszeiten der einzige Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, der jeden einzelnen Tag im Kriegszustand verbrachte. 730 Tage Krieg.

Und doch trauern ihm viele Menschen nach, gerade hier in Deutschland und Europa allgemein. Das zeigt, wie gut sich Obama selbst und wie gut er seine Kriege in sieben Ländern verkauft hat. Was würde wohl Platon dazu sagen?

Auch Donald Trump kam mit dem Versprechen an die Macht, es besser als alle seine Vorgänger der letzten dreissig Jahre zu machen. Nicht besser für die Elite des Landes und auch nicht unbedingt für US-Konzerne, sondern besser für das amerikanische Volk. Und damit auch für Amerika selbst. So lobenswert sein Versprechen und auch seine Taten der ersten Tage im Amt waren, so stümperhaft hat Trump dort weitergemacht, wo Obama aufgehört hat: im Krieg.

Kaum ein paar Tage im Oval Office, gab der US-Präsident den Befehl für einen Einsatz der US Navy SEALs im Jemen, wo das berüchtigte SEAL Team 6 und ein Sondereinsatzkommando der Armee der Vereinigten Arabischen Emirate den Al Qaida Terroristen Qasim al-Rayni festnehmen oder töten wollte. Die Operation selbst wurde noch unter der Obama-Regierung geplant, aber das grüne Licht kam von Verteidigungsminister James "Mad Dog" Mattis und dem Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs, General Joseph Dunford. Angeblich überredeten sie Trump zu diesem Einsatz, indem sie an sein übergroßes Ego appellierten und meinten, Obama hätte nie den Mut für diesen Befehl gehabt. Dieses Macho-hafte Billy the Kid-Getue kostete 30 unschuldigen Menschen das Leben, darunter acht Frauen und acht Kinder. Auch ein Mitglied des SEAL Team 6 wurde bei diesem Einsatz getötet.

Bezeichnend für dieses Drama im Jemen, ist die Art und Weise wie Washington damit umgegangen ist. Das Weiße Hause sprach von einer "nach jeglichem Standard erfolgreichen Operation", obwohl der Einsatz ein riesengroßer Reinfall war und das eigentliche Ziel, Qasim al-Rayni, fliehen konnte. Um doch noch irgendwie den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, veröffentlichte das Verteidigungsministerium von "Mad Dog" Mattis ein Video, um das Desaster durch den vermeintlichen Erfolg abzumildern. Doch wie es sich nun herausgestellt hat, war dieses Video aus dem Jahr 2007 und seitdem auch auf YouTube einsehbar.  Um dem Eklat vollends die Krone aufzusetzen, gab es im Kongress eine Schweigeminute für den getöteten Navy SEAL Ryan Owens, während es für die unschuldigen Frauen und Kinder des US-Terroranschlags nicht einmal Worte des Bedauerns gab.

Platons Worte hallen hier unangenehm nach. Und doch ist es die Realität, vor der sehr viele Menschen ihre Augen verschließen. Auch davor, wie Präsident Trump praktisch über Nacht den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Gefahr für die Europäische Union abgelöst hat. So äußerte sich zumindest Frankreichs Präsident Francois Hollande beim EU-Gipfel auf Malta vergangene Woche. Selbstgefällig bemängelten die noch 28 Mitglieder der Union den "fehlenden Respekt" von Trump gegenüber Europa. Dass es aber sie selbst waren, die sich Trump gegenüber während dem Wahlkampf und seiner Wahl respektlos zeigten, mochte sich in dem Moment niemand eingestehen. Oder respektlos gegenüber den Menschen der EU-Staaten, denen sie alle paar Monate einen neuen Feind auftischen. Wie zum Beispiel Mitte Januar, als "EU-Experten" und selbst Schweizer Medien Alarm aufgrund von "gezielter russischer Desinformationskampagne gegen Angela Merkel" schlugen, nur um ein paar Tage später vom Bundesnachrichtendienst (BND) und dem Verfassungsschutz (BfV) genau das Gegenteil zu hören.

Donald Trump ist mit Sicherheit kein Heiliger und erst recht nicht ein erfahrener Politiker, geschweige denn ein Diplomat. Und er wird die "einzig verbliebene Supermacht" vielleicht auch nicht wie ein Politiker, sondern wie ein Unternehmer führen. Statt ihn zu dämonisieren, wäre es für unsere Politiker angebrachter, diese vermeintlichen Nachteile zu nutzen. Doch danach sieht es im Moment ganz und gar nicht aus. Nachdem wir Russland die Türe zugeschlagen haben, begehen wir nun denselben Fehler mit Amerika. Wie war das gleich nochmal mit "nicht lernen zu wollen"?



Senator Tom Cotton mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in seinem Büro in Jerusalem am 30. September 2015 (Bild von Tom Cotton`s Büro)

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